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Löhne. Der Energieversorger Eon verschickt derzeit Rechnungen für Strom, der gar nicht geliefert wurde. Betroffen sind private Anbieter von Sonnenenergie, die vollständig ins öffentliche Stromnetz einspeisen. Allein in OWL könnten 10.000 Sonnenstromanbieter betroffen sein. Einer von ihnen ist der pensionierte Schulleiter Friedel Böhse aus Löhne, der sich mit Deutschlands größ-tem Energieversorger anlegt und dazu aufruft, nicht zu zahlen. Böhse hat inzwischen 80 Mitstreiter gefunden.
13.03.2014
Energieriese verschickt Rechnungen, ohne Energie zu liefern
VON ULF HANKE UND JULIA MAUSCH
Löhne. Der Energieversorger Eon verschickt derzeit Rechnungen für Strom, der gar nicht geliefert wurde. Betroffen sind private Anbieter von Sonnenenergie, die vollständig ins öffentliche Stromnetz einspeisen. Allein in OWL könnten 10.000 Sonnenstromanbieter betroffen sein. Einer von ihnen ist der pensionierte Schulleiter Friedel Böhse aus Löhne, der sich mit Deutschlands größ-tem Energieversorger anlegt und dazu aufruft, nicht zu zahlen. Böhse hat inzwischen 80 Mitstreiter gefunden.
Der 70-Jährige betreibt auf seinem Hausdach eine 49 Quadratmeter große Photovoltaikanlage. Der Wechselrichter dieser Anlage verbraucht geringste Mengen Strom, seit 2009 hat der eigens dafür installierte Zähler jedoch 0,00 Kilowattstunden Stromverbrauch angezeigt. Dennoch fordert Eon in einer überraschend versandten Jahresabrechnung ab April acht Euro monatlichen Abschlag für die Bereitstellung von Strom, der nicht nachweisbar fließt.
Allein im Bereich des Stromnetzbetreibers Westfalen-Weser-Energie (WWE) sind von diesem Kuriosum nach WWE-Angaben rund 10.000 Sonnenstromanbieter betroffen, weil ihre Anlagen absurd geringen Stromverbrauch haben.
Böhses Streit mit Eon, über den diese Zeitung bereits im Februar 2013 berichtete, hat sich mittlerweile zum Papierkrieg entwickelt. Eon hatte sich vor einem Jahr für den Zweitzähler der Sonnenstromanlage als zuständig erklärt und Böhse ohne dessen Willen zum Neukunden gemacht.
Der Grund: Stromkunden ohne Liefervertrag fallen in die von der Bundesnetzagentur geregelte Grundversorgung. Zuständig im Fall Böhse war Eon. Böhse hat sogar mehrere Stromlieferverträge: Er speist seinen Sonnenstrom ins Netz von WWE und bekommt dafür 40 Cent pro Kilowattstunde. Nachts bezieht er Wasserstrom vom Eon-Mitbewerber Westfalica.
Eon besteht jedoch auf den Forderungen, "da nach dem Energiewirtschaftsgesetz eine Nichtabrechnung eines auch nur geringen Strombezugs eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Kunden darstellt und somit nicht zulässig ist", wie Eon-Sprecherin Verena Huber auf Nachfrage mitteilte. Für Böhse ist das nicht nachvollziehbar, da der Energieriese nachweislich gar keinen Strom liefert.Seit vier Jahren ist sein Zählerstand unverändert. Böhse: "Ich bezahle doch nicht acht Euro monatlich für etwas, das nicht messbar ist!"
Mit seiner Wut ist der Löhner nicht allein: OWL-weit hat er 80 Betroffene gefunden, die von Eon ebenfalls ungewollt als Neukunden begrüßt wurden. In den vergangenen zwei Tagen kamen allein 20 Personen hinzu. Darunter ist auch Klaus Sperling aus Rödinghausen. Seit 2005 betreibt er seine Photovoltaikanlage, er hat ebenfalls einen Vertrag bekommen und soll acht Euro monatlich zahlen. Sperling, der selbst Elektroingenieur ist, zerpflückt die Eon-Forderung: "Pro Kilowatt berechnet Eon 25 Cent, bei acht Euro monatlich müsste ich 32 Kilowatt verbrauchen." Sein Zähler steht jedoch ebenfalls bei null.
Eon und WWE kündigten inzwischen an, die Fälle zu prüfen und gemeinsam "eine gesetzeskonforme Regelung" zu finden.
Quelle: © 2014 Lippische Landes-Zeitung, Donnerstag 13. März 2014